10. Olympische Winterspiele
Olympische Erfolge bei den Spielen 1968 in Grenoble
106 Medaillen in 10 Sportarten bei 35 Events
Mit Grenoble war Frankreich nach 1924 in Chamonix zum zweiten Mal Gastgeber bei Winterspielen. Diese fanden vom 6. bis zum 18. Februar statt. Der 6. Februar, der Tag der Eröffnung, war der letzte Tag an dem Athleten anderer Sportarten einander begegneten. Wer zur Schlussfeier noch nicht abgereist war, hatte noch eine zweite Begegnung. Dies deshalb, weil nur die Eissportler in Grenoble wohnten, alle anderen waren bis zu 65km weit von Stadtzentrum entfernt rund um Grenoble in den umliegenden Gebirgszügen untergebracht. Solche Entfernungen hatte es bisher bei Olympischen Winterspielen noch nie gegeben.
Grenoble und das Umland hatten 250.000 Einwohner und wollten sich weiter entwickeln. Doch von Paris und dem Departement war keine finanzielle Hilfe zu erwarten. Daher nützte die Stadt die Chance über die Olympischen Spiele. Sobald Grenoble als Ausrichtungsort feststand, änderte sich die Einstellung der französischen Machthaber. Präsident Charles de Gaulle sah die Gelegenheit Grenoble als Symbol der Modernisierung Frankreichs darzustellen. Eine Investitionssumme von über 1 Milliarde Francs wurde zur Verfügung gestellt, der Großteil wurde in die Infrastruktur gesteckt. Obwohl diese Summe die bis dahin größte in der Geschichte der Olympischen Winterspiele war, haben sich die Investitionen ausgezahlt. Die Stadt hatte nun einen Flughafen, einen neuen Hauptbahnhof, 36 km neue Autobahn, ein neues Rathaus, Krankenhaus, Feuerwehrhaus, Polizeipräsidium, neueste Anlagen für Rundfunk und Fernsehen. 9% der Milliarde verwendete man für neue Sportanlagen. Heute hat der Großraum Grenoble 665.000 Einwohner und ist mit Abstand die größte Stadt am Rande der Alpen.
Die Gesamtdeutsche Mannschaft war endgültig Geschichte. Die DDR war seit 1965 vollwertiges IOC-Mitglied. Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik traten in getrennten Mannschaften an, sie hatten aber trotzdem beide die deutsche Flagge mit den weißen Olympischen Ringen. Als Ersatzhymne wurde Beethovens „Ode an die Freude“ aus der 9. Sinfonie gespielt. Die Winterspiele von Grenoble waren die einzigen bei denen die BRD erfolgreicher als die DDR war. Von 1972 bis 1988 sollte die DDR wesentlich erfolgreicher sein. Die DDR war der einzige Staat der die Förderung der Körperkultur, Schul- und Breitensport in der Verfassung verankert hatte. Schon im Kindergarten wurden Kinder getestet für welche Sportart sie sich künftig eignen könnten. Die größten Talente wurden unter der Obhut des Staates gefördert, alles wurde dem sportlichen Erfolg unterstellt, ein umfangreiches Dopingsystem wurde hemmungslos eingesetzt. Die Gesundheit der Athleten und eventuelle Dauerfolgen waren nebensächlich, solange das Ziel erreicht wurde: Die Anerkennung der DDR bei der eigenen Bevölkerung und auch international.
Am 16. Dezember wurde im antiken Olympia die olympische Fackel entzündet und dann nach Athen getragen. Per Flugzeug kam sie nach Paris, wurde dann über eine Stecke von mehr als 7.200 Kilometer quer durch ganz Frankreich und 170 Städte vorbei an etwa zwei Millionen Zuschauern getragen, gefahren, geschwommen, gerudert. Ein Novum war ein olympisches Maskottchen.
Das Interesse der Einwohner von Grenoble konzentrierte sich vor allem auf eine Sportart: Ski Alpin. 1956 hatte der Österreicher Toni Sailer Gold in der Abfahrt, im Riesentorlauf und im Slalom gewonnen. Jean-Claude Killy war der Liebling der Massen, die Medien forderten von ihm, dass er es Sailer nachmachen sollte. Er gewann die Abfahrt, dann den Riesentorlauf. Jetzt musste nur noch der Slalomsieg her. Zehntausende Zuschauer kamen und sahen nichts. Denn der Slalomhang war in dichten Nebel gehüllt. Killy hatte im ersten Lauf die beste Sicht und fuhr Bestzeit. Nach dem zweiten Lauf war er dritter. In einer nebulösen fünfstündigen Beratung wurden schließlich der Norweger Håkon Mjøen und der Österreicher Karl Schranz wegen angeblicher Torfehler disqualifiziert. Der österreichische Schiverband legte Protest ein, dieser wurde Mitte Juni abgelehnt. Killys Slalomgold ist und bleibt nebulös.